Venedig - Genua Tag 4

Distanz

70 Kilometer

Höhenmeter

806 Meter

Tag Vier, Mittwoch, 27.8.2014

Parma – Bardi, 70 Km, 4:26 Std. Netto-Fahrzeit

Ich habe den Wecker etwas früher gestellt und vor dem Frühstück noch eine kleine Runde in der Stadt gedreht, am Vortag war es schon recht düster zum Fotografieren. Um 07:00 Uhr ist man gerade dabei, die Stände für den Wochenmarkt (v.a. Textilien und Schuhe, aber auch Obst, Gemüse etc.) aufzubauen.

Nach Parma geht es gefühlt eben, aber tatsächlich mit einer beständigen minimalen Steigung Richtung SW. Große Felder, u.a. Tomaten (wir kommen auch an einer Fabrik vorbei, in der offenbar Tomatenmark oder Ähnliches erzeugt wird); einige Male sehen wir Wegweiser zu Käsereien (Parmigiano). Bei Collecchio queren wir den Taro und folgen ihm Richtung Süden.

Da der Versuch, die Schaltung von Alois‘ Rad vor der Abfahrt vom Hotel zu reparieren (der 1. Gang funktioniert nicht und wir kommen heute in die Hügel) mäßig erfolgreich war, fragen wir unterwegs nach einer Radwerkstätte. Man weist uns nach Fornovo di Taro, wo wir nach einigem Fragen zuerst bei einer Werkstätte landen, vor der zwar auch einige ältere Räder stehen, v.a. aber Rasenmäher und ein paar Mopeds. Der Herr der Werkstätte ist von unserer modernen Schaltung überfordert und nennt uns „Cicli Rubin“, ein Radfachgeschäft, das sich an einer Ausfahrt (nicht unserer) aus Fornovo befinden soll. Wir fahren in die angegebene Richtung, sind uns aber unsicher, denn es geht bergab und es ist weit und breit nichts zu sehen. An der Einmündung einer Straße frage ich einen Autofahrer. Er weiß es auch nicht, das aber mit vielen Worten. Hinter ihm staut es sich, einige fahren vorbei, niemand hupt. Schließlich fahren wir in die vermutete Richtung weiter. Auf halber Strecke kommt uns der Autofahrer, den ich gefragt hatte, entgegen, stoppt an der gegenüberliegenden Straßenseite um uns zu sagen, dass sich das gesuchte Geschäft, gleich nach dem nächsten Kreisverkehr in etwa 500 m, auf der linken Seite befinde. Er ist tatsächlich extra  gefahren, um für uns die Werkstätte zu suchen!

Im Radgeschäft kommt ein Mann aus der Werkstätte und sage ihm, dass mein Freund ein kleines Problem mit der Schaltung hat. „Puuh, adesso non ho tempo“ ist seine erste Reaktion. Während ich ihm noch versichere, dass es sich sicher nur um ein kleines Problem handelt, ist er schon auf dem Weg mit nach draußen. Er wirft einen Blick darauf, schaltet ein-, zweimal zur Probe, holt den passenden Schraubenzieher, macht damit an der richtigen Schraube eine kleine Drehung und es haut wieder hin. Er hat nicht einmal ein Trinkgeld für einen Caffé genommen. Tja, vielleicht sollten wir doch ein wenig tiefer in die Mysterien der Technik eintauchen, die, wie wir gerade demonstriert bekamen, gar nicht immer so tief sind….  Andererseits: Wie viele schöne Erlebnisse und Begegnungen würden wir versäumen!

Nach einer Pause in Foronovo geht es wieder zurück über das breite, schottrige Flussbett (der Fluss Taro selbst ist nicht besonders beeindruckend) und hinein in das Tal des Torrente Ceno. Zuerst weiter ganz gemächlich steigend, vorbei am Firmensitz von Dallara, allen Motorsportinteressierten sicher ein Begriff, bis Varano, wo wir Mittagsrast machen.

Jetzt ist es schon etwas hügeliger, es geht dahin und bergan in Wellen: 20 Hm hinauf und 10 wieder hinunter, auch einmal 120 hinauf und nur 20 wieder bergab. Auch die Vegetation ändert sich, die Felder werden weniger, Wald und Wiesen mehr. Zahlreiche Nussbäume stehen entlang der Straße, es gibt wenige Orte, aber verstreute Höfe entlang der Hügel zu beiden Seiten des Ceno. Es ist heiß. Als die Burg von Bardi zum ersten Mal sichtbar wird, können wir uns nicht vorstellen, dass der Ort tatsächlich auf über 600 m Seehöhe liegen soll, ich vermute schon, dass ich mich geirrt habe. Aber er tut es (625 m) und wir machen die letzten 200 Hm auf den letzten paar Kilometern hauptsächlich im ersten Gang – der Werkstattbesuch soll ja nicht umsonst gewesen sein! ;-)

Das Albergo/Ristorante „Bue Rosso“ hat den Charme der 60-er und 70-er Jahre, auch jener der Betreiberinnen ist gewöhnungsbedürftig. Diesen besonderen Charme kann man beim Gebäude mit „abgewohnt“ übersetzen, bei den Wirtinnen vielleicht mit „herb“ – in diesem Klima gedeiht das Lächeln offenbar nicht gut. Auf mein Mail mit der Reservierung wurde schon nicht geantwortet, bei meinem Anruf sagte man mir, dass selbstverständlich reserviert sei, aber man keine Zeit habe, jedem zu antworten…  Sie (dem Aussehen nach zwei Schwestern) machen jedenfalls gar keinen Versuch, uns ein Abendessen anzubieten, obwohl sie auf ihrer Homepage hauptsächlich mit dem Restaurant präsent sind. Speisekarte war auch keine zu sehen. Das ganze Haus bedürfte dringend einer Generalsanierung: Von den ausgebrochenen Marmorstiegen und dem schmutzig-braunen Teppich und die vergammelte Dusche bis zu den Wirtinnen…. Wir haben schließlich „auswärts“ im Restaurant „Due Spade“ zu Abend gegessen: gutes Essen und nette Bedienung.

Bardi selbst ist ein netter Ort mit einer überdimensional großen Burg (die wir von innen nicht mehr besichtigen konnten, da sie schon am Schließen waren), einigen Kirchen und Plätzen und einer Kolonie von Engländern. Jedenfalls gab es relativ viele Engländer in den Lokalen und auch einige Fahrzeuge mit englischen Nummerntafeln.